Es ist wieder soweit:
Die Sexismus-in-Computerspiele – Debatte ist wieder da!
Endlich können wir uns zurücklehnen und unseren leiderprobten Onlinezockern einen neuen Titel zukommen lassen, denn er ist jetzt ein Mitglied der sexistischen und raubkopierenden, gewaltverherrlichende killerspielespielenden und sich selbstausgrenzenden, theoretisch in Schulen amoklaufenden pubertierenden Schüler und Studenten mit eindeutigen introvertiven Beziehungs- und Bindungsängsten. …
Mal abgesehen davon, dass der Begriff für die längste State-of-the-Art – Bezeichnung eines digitalen Spiegels der Jugendkultur, bei dem jeder pädagogisch wertvoll mitsenfen darf, noch immer nicht seinen Weg in das Guiness Buch der Rekorde gefunden hat, stellt sich hierzu eigentlich eine ganz andere Frage:
Ist Schach frauenfeindlich, respektlos und rassistisch?
1. Weiß gegen Schwarz
2. weiß beginnt immer
3. Man schlägt die Dame
4. Man opfert einen Bauern
5. Man bedroht den König
Zugegeben, diese Analogie ist nicht neu, hat wenig von Originalität und ist neben der Tatsache, grundsätzlich am eigentlichen Thema vorbei zu gehen, nur zu einem gut:
Es is eine eindrucksvolle Demonstration, wie sehr alles vom Betrachtungswinkel und einer meinungsbildenden PR- Kampagne abhängt und wie oberflächlich und anfällig Menschen auf solche meinungsbildende Maßnahmen reagieren.
Nur was hat das mit „dem Internet“ zu tun?
Viel, … sogar sehr viel, denn das eigentliche Problem ist ganz wo anders zu suchen. Das gesamte Internet, wie wir es heute kennen, beruht auf Exibitionismus, Diskriminierung, Denuntiantentum, Ausgrenzung, Voyeurismus und natürlich auch Sexismus. Würde man alle Seiten im Internet, die sich mit dem Verbreiten von solchen Informationen beschäftigen, aus dem Internet entsorgen, wäre schätzungsweise 90% des Internets verschwunden und das Internet
zu 100% stinkelangweilig… Das war aber auch 2002, 2005 und 2010 schon so. Das Internet ist in den letzten 20 Jahren zu einem unglaublichen Sammelbecken von Meinungen geworden. Das faszinierende dabei ist die Geschwindigkeit, mit der Informationen durch das Internet getragen werden können und genauso schnell auch wieder konsequenzenlos verschwinden. In der Regel reicht es aus, „diesen Beitrag zu teilen, wenn du der selben Meinung bist!“, und schon hat man hierzu alles getan, was man tun konnte. …
Will ich meine Meinung zu einem x-beliebigen Thema platzieren, brauche ich nur drei Regeln beachten:
1. peinlich
Wie war das noch:
„Ihr seid mit Abstand der schlechteste Pirat, von dem ich je gehört habe!“ – „Aaaaber … Immerhin habt Ihr von mir gehört!“
2. provozierend
Irgend jemand wird sich schon beleidigt dazu äußern und daraus einen peinlichen Zickenkrieg generieren.
3. emotional
Das schafft Solidarität und verhilft zum „Beitrag teilen“.
Seriös und sachlich brauche ich hier nicht mehr zu werden, besonders dann nicht, wenn ein Thema bereits stolze 500 000 Beiträge und mehr aufweisen kann. Ich kann – und sollte – davon ausgehen, dass auch mein sachlichstes Argument bestimmt schon irgendwo angesprochen und je nach Forum bestätigt oder als haltlos in der Luft zerrissen wurde. Was am Ende bleibt, ist die eigentliche Kernfrage:
Warum ist ausgerechnet in Computerspielen der Sexismus plötzlich ein Störfaktor?
Und die Antwort ergibt sich aus der Fülle der bereits geschriebenen Beiträge: Es ist ein neuer Aspekt in dieser generellen Debatte um Sexismus.
Die Frage, ob jetzt Gewalt in Spielen gut oder schlecht für die Psyche eines Jugendlichen ist, führte mit endlosen Forschungsergebnissen und noch mehr Debatten ins digitale Nichts.
Und Sexismus in Spielen? Mal ehrlich, das gab es auch vorher schon und ist in älteren Spielen wie das berühmt-berüchtigte Leasure Suit Larry als fester Bestandteil teilweise sogar mit Kultstatus versehen. Lustigerweise hat dies damals wie heute keinen Spieler wirklich gestört. Um dem Zynismus noch einen oben drauf zu legen:
Gerade diese Spieleserie hatte viele weibliche Spielerschaften!
Die Kombination aus Sex & Crime ist auch nicht unbedingt neu. Nur wurde das Thema an sich bis vor Kurzem aus irgend einem Grund völlig ignoriert und bei Seite geschoben – gibt man inzwischen jedoch das Suchwort „Sexismus“ bei Google ein, bekommt man ungefähr 773.000 Ergebnisse.
Das es zu diesem generellen Thema offenkundig nichts sinnvolles mehr zu sagen gibt, zeigt die Tatsache, dass in den letzten Jahren mehr Beleidigungen, Plattitüden, Forderungen und Vorwürfe ausgetauscht als seriöse Debatten geführt wurden, die zu allem Überfluss im Kontrast zur Lebenskultur – und zwar nicht nur in Computerspielen – stehen.
Ein schönes Beispiel sind da die TV-Formate „The Bachelor“ und „The Bachelorette“, die erstaunliches aufzeigen …
Diese beiden Shows demonstrieren sehr eindrucksvoll, welches Geschlecht sich ganz bewusst eher als oberflächliches Objekt präsentiert. Casting hin oder her, alle Teilnehmer sind nun einmal freiwillig in dieser Villa, und geben ihr bestes, das allgemeine Klischee zu bedienen – gute Einschaltquoten und die Fülle an Pressemitteilungen geben solchen Shows dabei zu allem Überfluss auch noch eine klare Daseinsberechtigung.
Wen wundert es also, dass alle Protagonisten in der Sexismusdebatte nach einer neuen Bühne lechzen, um die alten Argumente werbewirksam in einen völlig neuen Kontext packen zu können? Wirklich neue Erkenntnisse werden wir jedenfalls eindeutig nicht gewinnen.
Aber zurück zu den Computerspielen:
Der humoristische Ansatz für eine Lösung in diesem Computerspieledebakel wäre, dass die Spieledesigner künftig den männlichen Charakteren die Möglichkeit gegeben wird, sexy Frauenkleidung zu tragen und Frauencharakteren die Option bieten, die männliche Kleidung zu tragen. Es gäbe viele lustige und zynische Wege, in Spielen eine entsprechende Gleichberechtigung ein zu führen.
Und da die Spiele und Onlinewelten ja gerne immer wieder als schneller Spiegel der Realität betrachtet werden:
http://www.hommemystere.com/
Ob die Damenwelt so etwas wirklich gerne sehen oder jemanden, der so was trägt, wirklich als Mann haben will, nun … das wird die Zeit entscheiden müssen. Glücklicherweise sind die Geschmäcker an dieser Stelle sehr unterschiedlich und das ist auch gut so.
Klar ist, dass sich unsere Gesellschaft in einem Wandel befindet und bestimm noch zahlreiche Stilblüten hervorbringen wird.
Es bleibt also spannend!
Ihr habt Gedeanken zu diesem Thema?
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