Willkommen zurück in der lustigen Welt des Liverollenspiels. Heute geht es um die Frage des „Plots“, angefangen bei der grundsätzlichen Überlegung, Was sich hinter diesem sensationell klingenden Wort grundsätzlich verbirgt… Nun, „Plot“ bedeutet so viel wie „Handlung“, und wird überall da, wo im Liverollenspiel eine Geschichte erzählt werden soll, auch sehr gedankenlos ver(sch)wendet.
Damit auch wirklich gar nichts mehr schief gehen kann, haben wir uns einmal hingesetzt und die wichtigsten Ereignisse auf so einer Veranstaltung vorweg genommen. Mit diesem sehr einfachen Rezept kann eigentlich fast jedes Liverollenspiel, welches im Mittelalter oder im mittelalterlchen Fantasy spielt, erst einmal abbilden.
Man sollte lediglich zwei Sachen im Hinterkopf behalten:
Spielergruppe A
Wer Teilnahmegebühr bezahlt, dann mit einer viele hundert Euro teuren Ausrüstung durch halb Deutschland eiert, um im Faschingskostüm mit einem Gummischwertchen bewaffnet in einem Wald mitten in der Pampa zu stehen, hat selten die Lust, sich mit einer hochtragenden, verwinkelten und von Intrigen durchsetzten Spielwelt aus ein ander zu setzen. Es geht um den Grill, Party und … Selbstdarstellung mit dummen Sprüchen. Diese Spieler haben selten einen ausgefeilten Charakter dabei, sondern sind einfach sie selbst. Diese Spieler sind sehr gesellig und tauchen mitunter gleich in größren Gruppen auf.
Spielergruppe B
Verbissen, und es nimmt teilweise sehr fanatische Züge an, wie manch ein Spieler mit seinem Charakter sich identifiziert. Diese Spieler spielen tatsächlich nicht irgend eine Figur, die sie schon immer mal spielen wollten, sondern sehen sich in dem Moment selber so, wie sie eigentlich gerne wären. Diese Spieler nehmen es sehr – wirklich sehr – persönlich, wenn ihre zig Seiten lange Geschichte in einer Nacht ausgelöscht wird. Meistens handelt es sich um Einzelgänger, die sich lediglich mit gleichartigen in einer Gruppe zusammenfinden, um ein Wochenende auf ein gemeinsames Ziel hin zu arbeiten.
Der eigentliche Eklat zwischen den Spielerschaften…
Spieler der Gruppe A setzen sich auch eiskalt neben ein „episches Gummischwert-Schlachtfeld“ und haben ihren Spaß daran, sich nicht ein zu mischen, oder wenn überhaupt nur am Rande. Deswegen sind sie aber auch nicht auf der Veranstaltung. Spieler der Gruppe B nehmen die angebotene Situation hingegen als „Realität“ auf – eine Figur, die man schon immer mal spielen wollte, ist in diesem Augenblick in einer sehr bitteren Realität. In der Konsequenz treffen also komplett unterschiedliche Weltbilder auf ein ander.
Typische Beschwerden:
„Wieso sitzt der Superheiler mit einer Bratwurst dort hinten und will jetzt nicht hier unsere Leute heilen?“
„Die Helden mit den richtig schweren Rüstungen sitzen alle drinne und feiern, wärend hier der siebte Kreis der Hölle sich geöffnet hat. Was soll der Mist!?“
Die Ursache liegt daran, dass Spielergruppe A nur dann aktiv in ein Geschehen eingreift, wenn sie gerade lust hat. Um jetzt aber das Spiel für sich nicht zu stören, halten sie sich im Hintergrund und „machen ihr Ding“, was immer das auch ist.
Was man niemals tun darf …
ist Spieler der Gruppe A im Vorfeld zu nötigen, aktiv in das Spielgeschehen eingreifen zu müssen. Wenn diese meistens sehr hochwertig ausgerüsteten Gruppen sich provoziert fühlen – und das geht los, wenn das erste Steak oder die zweite Wurst auf dem Grill verbrennt- reagieren sie unberechenbar, und zwar mit Hingabe und Leidenschaft zum Detail.
Was man hingegen tun sollte …
Spieler der Gruppe B zur Interaktion zu provozieren. Da diese Spieler aus genau diesem Grund da sind, gehört nicht wirklich viel dazu. Sie lassen in der Regel alles stehen und liegen, um den Idealen ihrer Figur gerecht werden zu können. Hier muss allerdings der Handlungsstrang so simpel wie irgend möglich gehalten werden, und den Ausgang einer persönlich sehr epischen Quest abwarten
Aber jetzt zur Checkliste:
Freitag Abend:
PLAN A: Eine aus welchen hahnebüchigen Gründen auch immer vor Waffen starrende Streitmacht mit ganzen 50 Teilnehmern kommt aus allen Himmelsrichtungen mitten im Nirgendwo in der Pampa zusammen. Pünktlich zum Sonnenuntergang steht dann auch das letzte aller Zelte und die ersten frischen bratwürste sind auf die Grills gelegt. Zeit für den ersten Auftritt der „Bösen“: Es kommt (bitte ankreuzen) __ Lakai von finsterem Ritter __ Lakai von finsterem Magier __ Lakai von finsterem Dämon __ Lakai von finsterem König und sagt: EY HOSCHIES … MEIN LAND! HAU AB! Die Helden antworten naturgemäß irgend etwas wie: HASSU MAULJUCKE‘ ? Darauf sagt der vermeintliche Agressor: EY HOSCHIES! MORGEN KOMMT DA CHEFFE‘ DANN RUMPELTS! Und weil das nicht langt, kommt die mystische Schriftrolle (bitte ankreuzen) von irgendwo her: __ kosmischen Dämonentor’* __ mystischer Prophezeihung: „Alle 7236 Mondzyklen kommen die Vampire* __ Einem Rätsel über ein Portal nach irgendwohin**… PLAN B: __ Orks streichen durch das Land / Portal nach irgendwohin __ Zombies streichen durch das Land / Portal nach irgendwohin __ Räuberbanden streichen durch das Land / Portal nach … egal! * Warum Vampire und Dämonen: Weil diese putzigen Knilche immer irgend einen Deppen erwischen und dadurch die ganze Nacht hindurch ganze Rudel von Spielern beschäftigen kann. ** Irgendwo ist immer gut, z.B. sind die Spieler dort die Zombies und die anderen eben mal die normalen Menschen – kann stundenlang beschäftigen, zumal ja ständig wo anders „irgendwo“ sein kann. ^^ In der Nacht zum Samstag: Bis etwa 1:30 Uhr läuft erst mal Plan A: Irgend was kommt da dauernd an und muss verklobbt werden.Was nicht heißt, dass nicht ein paar Orks, Zombies und Räuber eingesträut werden können. Und wenn man sich für irgend ein Portal oder Tor entschieden hat, kann man sich auch darüber Gedanken machen, so ab 22:00 Uhr dieses Tor auf zu machen. Wer gemein ist, macht das Samstag des Morgens um 6 Uhr. Samstag Auftritt Cheffé: EY HOSCHIES! MEIN LAND! Konsequenterweise antworten Helden immer bockig: HASSU IMMA NOCH MAULJUCKE‘ ? Eigentlich nteressant zu wissen: __ Cheffé hat recht __ Cheffé hat unrecht Üblicherweise werden Helden diesen Zusammenhang vollständig ignorieren, da es schließlich um die Ehre und persönliche Freiheit geht. Kurze Zeit später folgt der Auftritt von __ Herold des guten Königs __ Hauptmann des guten Königs __ Irgendwer der da schon wohnt. Und teilt zwei bis Dato interessante Probleme mit, die eigentlich schon von Anfang an klar waren: 1. die andere wollen Klobbe Und die Helden antworten bis auf wenige Ausnahmen generell: JO, GIBBET KLOBBE FÜR DIE! Ab Samstag Mittag legen wir Plan A und Plan B zusammen: Der finstere Bösewicht lungert da irgendwo rum und schickt – wie sollte es anders sein – andauernd seine Truppen aus, um endlich diese 50 Nerfbolde los zu werden. Umgekehrt werden Ca. 30 von denen werden sich auch genötigt sehen, in den Wald zu stracksen und nach Ärger zu suchen. Um der ganzen Sache noch ein wenig Wichtigkeit zu geben, taucht auf: __ Ein beklopptes Rezept mit Dingen die gefunden werden müssen __ Ein supermächtiges Artefakt für Tore und Portale __ Eine besonders magische Waffe gegen die Vampire Und wie überraschend, das Aufmarschieren der Armeen findet ausgerechnet am Dämonentor oder Portal statt. Ferner haben die Spieler, welche „Magier“ und „Alchimisten“ spielen endlich ihren Teil der Beschäftigung gefunden und sind mit der Herstellung eines völlig sinnbefreiten Artefakts beschäftigt.. Das langt bis zum späten Nachmittag oder Vorabend. Samstag gegen 22 Uhr erfolgt dann die „Endschlacht“: Auftritt Bösewichte: EY HOSCHIES! IHR DÜRFT NOCH GEHEN! Helden: HASSU IMMA NOCH MAULJUCKE‘? Bösewichte: OKAY – GIBBET KLOBBE! Helden: JOA LASS KNAGGE‘ ALDA! Und weil wir ja wollen, dass die ganzen zahlenden Kunden wiederkommen, lassen wa se hier dann gewinnen. Sonntag Ab ca. 10 Uhr ist dann das Abbauen und nach Hause fahren drann … |
Mit dieser Checkliste seit ihr auf 87 – 95 % aller gängigen Liverollenspiele vorbereitet. Wem noch etwas dazu einfällt, scheut nicht, es in die Kommentare zu diesem Artikel zu schreiben!