– Ein Interview mit Irene Mauser-Knuddelbacke von „Happy Family Timeflow Work Balance Buselbingen GmbH & Co KG“* –
Nachdem das Thema Zeitarbeit immer aktueller wird und sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert, ist es an der Zeit, dass sich Ars Balistica mit diesem Thema näher beschäftigt. Und so haben wir nach kurzem Telefonieren einen Termin mit Irene Mauser-Knuddelbacke gemacht, die uns gerne brennende Fragen beantwortet. Als wir aus Buselbingen zurück waren, war uns die Augen geöffnet worden, und wir hatten einen ganz neuen Blickwinkel auf die Zeitarbeit und deren Firmen erhalten.
Aber lesen Sie selbst:
AB: Frau Mauser-Knuddelbacke, Zeitarbeit steht ja sehr schlecht in der Öffentlichkeit da.
Irene Mauser-Knuddelbacke: Alles reiner Rufmord! Wir sind die unterschätzten „guten“ in dem ganzen Spiel…
AB: Nun ja, die Fakten sind nicht unbedingt von der Hand zu weisen, dass sich Betroffene nicht umsonst beschweren.
Irene Mauser-Knuddelbacke: Das macht mich jetzt aber betroffen. Sie reden hier von ein paar ganz wenigen schwarzen Schafen…
AB: … die in letzter Zeit als ganze Herden von sich reden machen- Vor allem, wenn man die Vorwürfe des Niedriglohnsektors betrachtet. Böse Zungen reden hier immer wieder von Sittenwidrigkeit.
Irene Mauser-Knuddelbacke: Was soll an einem lupenreinen und ehrlich ausgehandelten TARIFVERTRAG sittenwidrig sein?
AB: Naja, zum Beispiel, dass hier ein Verein aus Arbeitgebern mit Vertretern der Arbeitgeber darüber verhandelt, was Arbeitnehmer zu bekommen haben. Irgendwie scheint hier ein Glaubwürdigkeitsproblem zu herrschen.
Irene Mauser-Knuddelbacke: Das täuscht – lacht – auch Vorstände in Holdings können in der untergeordneten GmbH sitzen und da gibt es Gerichtsurteile, dass es zu keinem Interessenkonflikt kommt. So ähnlich ist das hier ja auch.
AB: Aber sinniger wäre es schon, wenn Gewerkschaften mit den Zeitarbeitverbänden verhandeln würden, oder? Dann hätte es mehr Reputation.
Irene Mauser-Knuddelbacke: Ganz und gar nicht, das würde ja das System mit der Zeitarbeit unterwandern, weil es zu teuer wäre.
AB: Nun, eigentlich sind Unternehmen verpflichtet, feste Arbeitsplätze zu schaffen. Sinnig wäre es da doch, wenn Zeitarbeiter extrem teure Spezialisten sind, die nur für kurze Zeit so eingekauft werden können. So rechnen die Unternehmen volle Gehälter ab, und irgendwie kommt bei den Leiharbeitern nichts davon an…
Irene Mauser-Knuddelbacke: Das klingt nur im ersten Moment verwirrend. Tatsächlich ist es so, dass dieses System äußerst fair für den Arbeitgeber und die Wirtschaft ist. Hier wird schließlich nach Tätigkeit abgerechnet und nicht nach der persönlichen Lebenssituation.
AB: Nun ja, wenn man den Vertrag, der ja offen ausliegt, mit anderen Tarifverträgen vergleicht, stellt man schon seltsame Verzerrungen fest. Etwa bekommen Techniker mit vielen Jahren Berufserfahrung nur so viel wie angelernte Hilfskräfte. Das halten Sie fair?
Irene Mauser-Knuddelbacke: Wir halten uns strikt an den Tarifvertrag, der mit viel Augenmaß ausgearbeitet und – gehandelt wurde. Und wir zahlen zum Beispiel oftmals schon übertariflich – Das tut man so in einer Familie.
AB: Sie vergleichen Zeitarbeit mit einer Familie – halten Sie das nicht irgendwie für gewagt?
Irene Mauser-Knuddelbacke: Tatsächlich gibt es sehr viele Analogien zu einer echten Familie.
AB: Erklären Sie.
Irene Mauser-Knuddelbacke: Nun, Zeitarbeit orientiert sich an zwei Eckpunkten der Gesellschaft, dem Arbeitsplatz und der Familie. Wenn eines von beidem nicht funktioniert, dann leiden ohne Ausnahme alle. Und wirklich funktionieren tut eine gute Familie auch nur dann, wenn jeder seine Arbeit macht:
Da gibt es den Papa – das ist der Vorstand
Da gibt es die Mama – das ist der Disponent
Und natürlich die kleinen Kinder, das sind unsere Leiharbeiter
AB: Und der Verein für Zeitarbeit ist dann der liebe Opa oder Onkel, der Papa zurechtweist, wenn er zu viel von seinen Kindern verlangt?
Irene Mauser-Knuddelbacke: Ganz genau. Und wie in einer normalen Familie tragen Papa und Mama die Verantwortung und arbeiten sehr hart, damit es den Kindern gut geht. Nur müssen sie eben darauf vertrauen, dass die Kinder ihren Teil der Verpflichtung auch nachkommen, damit alles läuft.
AB: Papa und Mama wissen halt, was gut für die Kinder ist …
Irene Mauser-Knuddelbacke: … Richtig und weil sie den ganzen Tag so hart arbeiten, Rechnungen schreiben und den ganzen Papierkram machen, müssen die Kinder das natürlich nicht tun. Und das führt dazu, dass die Eltern natürlich auch etwas zum Leben benötigen.
AB: Verstehe, und im Umkehrschluss, dass die Kinder keine Verpflichtungen haben, bekommen sie auch entsprechend das Taschengeld zugewiesen. Wäre ja auch verantwortungslos, der Brut alles verdiente Geld zu geben.
Irene Mauser-Knuddelbacke: Genau. Und – wie schon gesagt – handhabt Papa das ganze sehr fair mit der Entlohnung seiner Kinder. Keine Verantwortung bedeutet auch, dass man nicht viel Geld bekommen kann. Das muss man doch verstehen?
AB: Naja… Papa fährt das große Auto, Mama das etwas kleinere und – wenn ich mich an meine Kindheit erinnere – die Kinder haben ständig zu regelmäßigen Zeiten nach ihrem Taschengeld zu betteln. Und wenn man richtig böse war, wurde das auch schon mal gestrichen.
Irene Mauser-Knuddelbacke: *lacht* Naja, ganz so weit würde ich nicht gehen, das wäre doch unsozial. Aber ja, auch wir bestrafen unsere lieben Kinder, wir haben ja schließlich eine Erziehungspflicht, der wir nachkommen müssen. Da muss man konsequent und hart sein, wenn es darum geht. Kindern muss man immer wieder die Grenze aufzeigen und ein gutes Vorbild sein.
AB: Wie ist der Papa denn hier ein gutes Vorbild für die Familie?
Irene Mauser-Knuddelbacke: Nun, Papa zeigt zum Beispiel, wie das mit der Altersvorsorge geht. Dafür verzichtet er auf viel Geld, und kümmert sich darum, später seinen Kindern nicht auf der Tasche liegen zu müssen. Und wenn die Kinder schlau sind, übernehmen sie sein vorgelebtes Verhalten.
AB: In dem sie von dem Taschengeld noch eine Altersvorsorge bezahlen, nachdem Strom, Wasser, Miete und so unwesentliche Dinge wie Schuhe und Lebensmittel gekauft wurden.
Irene Mauser-Knuddelbacke: Ich habe nicht gesagt dass es leicht ist, aber es hat auch wirklich sein gutes, nämlich, dass die Kinder den Wert von Geld erst richtig zu schätzen wissen. Wenn immer zu viel da ist, kann man das ja nicht lernen.
AB: Um noch einmal die Strafe von den bösen Buben auf zu greifen: Was machen Sie mit denen?
Irene Mauser-Knuddelbacke: Wie man es mit einem faulen Apfel nun einmal macht. Wir strafen ihn mit Missachtung und Auschluss von der Familie – schon alleine, damit die anderen gleich lernen, was passiert, wenn man sich gegen die Familie stellt.
AB: Das klingt ein wenig seltsam, wenn ich das mal anmerken darf…
Irene Mauser-Knuddelbacke: Ach, das täuscht. Grundsätzlich funktioniert das aber ganz gut, wenn alle an einem Strang ziehen und jeder seinen Platz kennt. Sie wissen schon, wie in Farm der Tiere. „Alle Tiere sind gleich“ …
Das in dem Klassiker „Farm der Tiere“ es irgendwie auch komplett schief gelaufen ist, und am Ende einige wenige sich auf Kosten aller bereichert haben, und die Querulanten entsorgt wurden, wollten wir mit der Frau Irene Mauser-Knuddelbacke natürlich nicht weiter vertiefen.
Stattdessen bedankten wir uns über diese erkenntnisreichen Informationen über das Thema Zeitarbeit und welches unglaubliche Selbstbild diese Branche mit sich bringt. Und eines wissen wir jetzt ganz genau:
Keiner bei Ars Balistica könnte sich morgens noch im Spiegel selber in die Augen schauen ohne in diesem Zusammenhang rot vor Scham zu werden. Und das ist gut so. Wer tatsächlich so mit einem „reinen Gewissen“ im gestellten Firmenwagen zur Arbeit fährt, und fest glaubt, etwas gutes zu tun, macht sich selber etwas vor. Das fällt besonders dann auf, wenn bereits im telefonischen Vorgespräch bewusst verschleiert und gelogen wird, um einen Menschen in die totale Niedriglohnfalle zu locken.
Aber für die DisponentInnen, die dieses Kunststück fertig bringen, haben wir noch einen letzten Ruf:
Lebet lang und in Schamesröte vor Euer selbst.