Die Geschichte, von der ich Euch berichten möchte, ist die Legende eines alten Segelschiffes, welches herrenlos auf dem Meer trieb…
Es wird berichtet, daß vor vielen 100 Jahren ein Schiff auslief, um eine neue Welt zu entdecken. Kurze Zeit später tauchte zwar das Schiff wieder auf, aber die Besatzung war nirgends zu finden. Wer dieses seltsame Schiff aber betrat, der hatte das Gefühl, nicht alleine zu sein. Irgendwie – ja – wie soll man das beschreiben, schien die Besatzung noch vor nicht einmal fünf Minuten hier geatmet und gelebt zu haben, wenn nicht sogar anwesend ist.
Dieses berichtete zumindest einer jener Matrosen, welche im Auftrag der Krone auf einem Bergungsschiff mit fuhr, das herrenlose Boot ein zu holen. Nach diesen Begebenheiten weigerte er sich vehement, noch ein einziges mal zur See zu fahren.
Was war geschehen?
Dieser Matrose war Schiffsschreiner und als solcher einer der verantwortlichen für die Reparaturarbeiten an Bord dieses Schiffes. Kurz nachdem der mitgereiste Kapitän mitsamt seiner Bergungsmannschaft überwechselte, schlug das Bergungsschiff Leck. Alle Versuche, das Leck zu finden und ab zu dichten, schlugen fehl und so beschloss man, daß das Bergungsschiff sich auf den Weg zum Heimathafen auf macht, bevor es sinken werde.
Eiligst schuf man die womöglich benötigten Materialien und Vorräte hinüber und dann lies man die Mannschaft auf dem Geisterschiff zurück.
In den ersten Stunden suchte man intensiv nach Überresten der einstigen Mannschaft und nach Hinweisen auf Krankheiten. Nichts dergleichen wurde gefunden. Doch im untersten Deck des Schiffes fand man eine kleine Luke, welche direkt zur Außenhaut des Schiffes führt, wo sich ein kleiner Hohlraum befand.
Und in diesem Hohlraum fanden sie etwas…
Es war ein kleiner Schrein, auf dem getrocknetes Blut war. In die Wände waren seltsame kryptische Symbole eingeritzt, und niemand der Matrosen konnte sie lesen oder verstand ihren Sinn. Nur seltsam war, daß der Raum aus sich selber heraus zu leuchten schien.
Was aber diesen Raum so unheimlich machte, war die Tatsache, daß nach Sonnenuntergang man in diesem Raum das Gefühl hatte, als ob das Schiff selber zu beobachten schien und wartete.
Die Reparaturen liefen zügig voran und schneller als geplant nahm das Schiff Kurs auf die Heimat. Jeder der Matrosen war erleichtert bei der Aussicht, endlich dieses Schiff verlassen zu können.
Am 4. Tag des Morgens fehlte schließlich einer der Matrosen. Zunächst nahm man an, er sei über Bord gefallen, aber die Nachtwachen auf Deck behaupteten, sie hätten derartiges bemerkt, und einer schwor, ihn gesehen zu haben, wie er nach unten stieg durch die Luke.
Man fand ihn dort, doch sein Körper war nicht einfach tot gewesen. Er schien dort schon seit vielen Jahrzehnten zu liegen und war vollkommen ausgetrocknet. An der Wand stand eingeritzt ins Holz eine Warnung, das Schiff sofort zu verlassen.
Am folgenden Tag verschwand wieder jemand. Doch dieses mal hat ihn keiner gefunden. Man erinnerte sich daran, daß er noch am Morgen mit seltsam geweiteten Augen umherlief und sich von den anderen absonderte. Nun war er tot.
Das Schlimmste aber war, daß das Ruder brach und die Fahrt für die Aufwendige Reparatur unterbrochen werden mußte, zu weit von der Küste entfernt. Um Unruhen zu verhindern lies der Kapitän die Luke versiegeln und lies Wachen aufstellen.
Doch Zur Wachablösung waren die Wachen verschwunden….
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Ein treibendes Schiff, eine verängstigte Besatzung und 3 Verschwundene Menschen sowie eine vertrocknete Leiche, welche schon 10 Jahre zwischen den Schiffsplanken lag, obwohl er mit den anderen zusammen an Bord wechselte, und dahinschwindendende Lebensmittel…
Und dann – es war der siebte Tag – verschwand der Kapitän. Als letztes sah man ihn in die Kapitänsunterkunft gehen. Nachdem man ihn nirgendwo fand, entfernten Freiwillige das Siegel von der Luke und stiegen hinab. Sie fanden die vertrocknete Leiche des Kapitäns dort unten, vor dem kleinen Altar gebeugt, mit Fesselwunden an den Handgelenken. Noch etwas lies den Freiwilligen in der Kammer das Blut in den Adern gefrieren. Die Symbole begangen stärker zu leuchten und zu pulsieren und die Matrosen glaubten, einen Flüsterkanon zu hören. Sie schienen zu flüstern: „Wir finden auch Dich“, und ein jeder fühlte sich persönlich angesprochen.
Nach der Seebestattung des Kapitäns übernahm der 1.Mart die Schiffsführung. Das Ruder wurde im Laufe des Tages repariert und endlich nahm das Schiff wieder Kurs auf in Richtung Westen, immer auf die Küste zu. Erstaunlich war, daß, je dichter man an die Küste heran kam, sich die Unfälle häuften. Seile rissen aus unerklärlichen Gründen, Haken und Ösen sprangen heraus, oder die Segel lösten sich. Schon lange glaubte man nicht mehr an Unfälle. Irgend etwas wollte verhindern, daß die Mannschaft ihr Schiff in den sicheren Hafen bringt.
Der Navigator der Mannschaft war der nächste, welcher das Schicksal der bis dato verstorbenen teilen mußte. in seiner kleinen Arbeitsstube löste sich ein Deckenbalken und zerschlug ihm den Schädel. Es stellte sich heraus, daß jemand den Balken zersägt hatte.
Von da an war klar, daß dieses Schiff einen von der Mannschaft voll in seinen Bann gezogen hatte und es nicht dulden würde, wenn der Rest zu fliehen versuchte. Die Manschaft belauerte sich gegenseitig, und auf Anweisung des Marts blieb jeder in jedermann Sichtweise und keiner läuft mehr alleine auf dem Schiff herum.
Der Schreiner schrieb in seinem Tagebuch noch oft von diesem Augenblick, als alle hilflos standen und sich gegenseitig belauerten:
„Wir saßen und standen auf dem Deck des Schiffes und versuchten uns daran zu erinnern, daß wir Kameraden seien, Schicksalsgenossen, welche von einem Geisterschiff gefangen gehalten werden, doch die Angst vor einem Saboteur, welcher unsere Reparaturen vernichten will, ist nur noch mehr Öl in das Feuer des Mißtrauens, das und alle umgibt.
So achten wir verstohlen auf die Handgriffe unserer Genossen, und immer wieder brach Streit aus wegen Nichtigkeiten, die sonst niemand beachtet hätte. Sie können es sicherlich nicht verstehen, wie hilflos man sich fühlt, wenn man um sich herum nichts als Wasser hat und das einzige, das Sie vor dem Ertrinken bewahren kann, ist darauf aus, Sie um zu bringen…
Dieses Schiff war mit allem an Bord unnatürlich und niemand vermochte zu erklären, was nicht stimmt. Es ist immer dieses Gefühl, beobachtet zu werden. Und alle haben diesen blutigen Altar gesehen, auf dem des Kapitäns Leiche gefesselt lag, schon seit Jahrzehnten ausgetrocknet und tot. Die Fesselmale an seinen Handgelenken zeugen davon, daß er sich nicht freiwillig her gab. Aber wo war er gewesen? Und wo war Fred gewesen, der erste, dessen vertrocknete Leiche wir fanden? Auch er hatte Fesselmale an den Handgelenken.
Wir alle sitzen nun hier und überlegen uns, was uns wohl noch widerfahren wird. Den Gesichtern nach sind viele entschlossen, lieber früher als nötig ins Wasser zu springen und an Land zu schwimmen, ungeachtet der Gefahr durch Haie hier an diesem verfluchten Ort. Selbst Elmsfeuer der folgenden Nacht erschienen uns wie die Boten noch größerem Unheils.
…
Unser 1. Mart , Svenson , benimmt sich seit dem Morgen seltsam. Irgendetwas ist ihn gefahren. Wir haben ihn dabei erwischt, wie er Taue mit einem Messer kappte und die Segel damit von den Masten holen wollte. Als wir ihm in die Augen schauten, … wie soll man so etwas beschreiben? Die Augen glänzten matt und farblos, man hatte das Gefühl, in einen holen Schädel zu blicken. Er versuchte nicht einmal zu entkommen, ließ sich völlig weggetreten entwaffnen und einsperren. Jetzt waren wir nur noch 5 vom ganzen Tross. Alle anderen waren verschwunden und tauchten nach und nach als vertrocknete Leichen wieder auf dem Schiff auf. Was uns auffiel war, daß nicht alle diese Fesselmale an den Handgelenken hatten. Spät in dieser Nacht hörten wir ein lautes Krachen aus dem Rumpf des Schiffes und machten uns geschlossen auf den Weg. Die Tür, welche das Gefängnis für den ersten Mart verschloss, war aus der Ankerung gerissen worden und is gegen die andere Seite geschleudert worden. Der Mart war nicht mehr im Raum.
Wir fanden ihn tief im Rumpf des Schiffes vor jenem kleinen Altar, wo er gerade das Blut aus seinen Adern betend im Raum verteilte. Das schaurige aber war das monotone Flüstern eines Chorus, welcher sich aus dem Schiff heraus erhob und langsam anschwoll. Gleichzeitig fingen die seltsamen Zeichen an zu pulsieren.
Oh ich hasse dieses Schiff.
…
Wir rannten zu fünft an Deck, die Panik saß uns im Nacken. Ich bin mir sicher, irgendetwas verfolgte mich den ganzen Weg hinauf. Als wir jedoch an Deck ankamen, erschraken wir über das sich uns dargebotene Bild… Das Schiff war in einer sternlosen Nach mitten in einer Nebelbank gelandet. Die Elmsfeuer kletterten Unheil verkündend die Taue vom Mast hinab und schienen sich auf uns zu bewegen zu wollen. Und unter uns rumorte es, als ob irgendetwas aufgewacht ist.
Wir haben etwas geweckt, was wir niemals hätten wecken dürfen und ein jeder von uns würde nun die Strafe für diesen Frevel erhalten.
Ich glaube, wir sollten verdammt werden, auf Ewig auf diesem Schiff zu verweilen, ohne jemals wieder frei zu kommen. Doch dazu mußten es uns erst hier an diesem Ort umbringen.
…
Die Nacht verlief schleppend, und wir wußten, wenn wir einschlafen und uns aus den Augen verlieren würde jemand von uns am morgigen Tage tot sein. So kämpften wir 2 Tage und Nächte gegen die Müdigkeit an, doch schließlich übermannte es uns und wir schliefen ein.
…
Sieben Stunden? Vielleicht auch acht Stunden mögen es gewesen sein. Aber als ich aufwachte, war das Licht nur noch ein einheitliches und diffuses Dämmerlicht. Aber das Schiff hat sich verändert. Irgendwie, ja, es hat den Anschein, als ob vor nicht ganz fünf Minuten eine ganze Besatzung das Schiff Hals über Kopf verlassen hatte. Man konnte fast noch den Geruch aus der Kombüse wahrnehmen. Ich bekam es mit der Angst zu tun. Waren jetzt die anderen nicht mehr da, oder bin ich verschwunden und saß mit hohlen Augen an Deck dieses verfluchten Schiffes? Mich überkam das nackte Grausen.
Kopflos sprang ich über Bord in die kalten Fluten. Als die Wellen über mir zusammenschlugen, dachte ich, dies sei gewesen, was man von mir verlangt hat. Doch nun war es zu spät, ich lies mich von den Wellen treiben und erreichte schließlich eine Brandung an einem unbekannten Ort.
…
Als die Sonne über den Horizont stieg, erwachte ich. Ich viel auf die Knie und begann, aus Dankbarkeit zu beten. Eines weiß ich genau, ich werde niemals wieder zur See fahren.
Doch eines weiß ich bis heute nicht… Bin ich nun Gefangener eines Traumes oder bin ich real hier? Ich versuche, mein Leben zu leben, aber die schreckliche Angst, eines Morgens auf diesem Schiff auf zu wachen, bleibt bestehen und ich werde es wohl nie erfahren so lange ich lebe.“
Dieser Schreiner verfiel dem Irrsinn nach einigen Jahren und begann zuguterletzt Selbstmord, laut schreiend sprang er von der Klippe, ES möge ihn endlich los lassen und er in Frieden schlafen auf Ewig. Wünschen wir ihm alles Gute auf seiner Reise in eine andere Welt, und dass er nie wieder dieses Schiff betreten muß….